Piratenpartei

Bürgerhaushalt oder nur ein anderer Petitionsausschuss?

Hatten wir schonmal
Hatten wir schon einmal

Potsdam: Am 8. Oktober fand die zweite Bürgerversammlung des Bürgerhaushaltes 2009 statt. Ort des Geschehens war die Landesbibliothek. Anwesend waren rund 40 Teilnehmer, wobei diese zur Hälfte aus Bürgern, zur anderen Hälfte aus städtischen Angestellten, Stadtverordneten und wissenschaftlich Interessierten bestanden. Angesichts der breiten Veröffentlichung über Flyer darf man daher hinterfragen, warum die öffentliche Resonanz so schlecht ist.

Einige ursächliche Antwort darauf musste z.B. der Stadtverordnete Kaminski von der LINKEN, auf Nachfrage geben.

Die Hürde: Eine Stadt muss sich an einen städtischen Investionsplan halten der für mehrere Jahre aufgestellt wird. Damit sind die Mittel bereits gebunden und letztlich können nur die Prioritäten verschoben werden. Der Punkt ist, der Bürger entscheidet nicht über ein Budget, sondern über bereits einkalkulierte Maßnahmen. Er akzentuiert nur noch. Damit steht das Konzept von Anfang an auf wackligen Beinen. Ohne Frage ist ein weiteres Problem die schwierige Haushaltslage welche kein eigenes Budget zuläßt. Doch darf das Projekt dann noch Bürgerhaushalt heißen, – dessen Konzept der Einsatz eines Budgets im Sinne des Bürgers ist? Ist das Potsdamer Modell nicht eher ein erweitertes Petitionsrecht mit Mehrheitsfindung? Ein “kleiner Bürgerhaushalt”? Ein Minihaushalt? Keinhaushalt?

Die verbreitete und lächelnd vorgetragene Antwort darauf ist, man befindet sich in einem Prozess. Doch macht es sich Potsdam damit nicht zu leicht? Zum Beispiel ist ein Punkt die Doppelung von Vorschlägen.

So wiederholen sich alljährlich dieselben Vorschläge, – selbst die damaligen Gewinnervorschläge stehen dieses Jahr erneut zur Wahl. Der Grund der Bürger erkennt keinen Fortschritt, – die Stadt hingegen sagt sie hätte den Punkt bearbeitet. Das Problem ist, der Bürger erfährt nicht wieviel Geld in die Straße X gesteckt wurde und sei es nur innerhalb der Vorplanung und Vergabe. Die Stadt hat an der Stelle ein Transparenz- und Zeitproblem. Gelder die im letzten Bürgerhaushalt vergeben wurden, werden zum Teil erst in X Jahren den bürokratischen Prozess von Planung und Vergabe erreichen. Der Bürgerhaushalt 2008 war eher der des Jahres 2010.

Hinzu kommen die Schwierigkeiten überhaupt einen regulären Haushalt vor Jahresbeginn zu beschließen und Maßnahmen des Bürgerhaushaltes einzustellen. Man erinnere sich an den Haushalt 2008 der im Juli beschlossen wurde und im September genehmigt wurde. 2008 wohlgemerkt. Ändern wird sich das wohl in den nächsten Jahren nicht. Schlechte Karten für die fristgerechte Umsetzung eines Bürgerhaushaltes.

Erfolge oder Teilleistungen erklärt die Stadt daher stocknüchtern über Aussagen wie: “Im Vergabeverfahren”, “In Prüfung”. Doch auch dieses könnte man beziffern, – und genau das würde dann Transparenz und Prüfbarkeit erzeugen. Alles was man dem Bürger derzeit bieten kann ist, auf Bürgerversammlungen nach dem Stand der Dinge zu fragen. Das ist keine moderne Form von Informationsmanagement.

Ebenfalls kritisch darf hinterfragt werden, ob der Bürger tatsächlich Entscheidungen trifft. Nein, er darf seine Meinung kundtun. Die Entscheidung über einen Vorschlag obliegt am Ende der Politik, – über jeden einzelnen Vorschlag. Das wird mit dem Haushaltsrecht begründet, -unumstößlich. Man darf drüber nachdenken. Kreativ. Vielleicht auch in Potsdam.

Und letztlich ist es wohl das Verfahren selbst. Die Beteiligungsgegenstände ergeben sich aus steuerbaren Leistungen der Stadt: Grünflächen, Spielplätze, Bürgerhäuser, Kultureinrichtungen, Sportförderung, Jugendarbeit usw. Doch eigentlich könnte der Bürgerhaushalt auch politischer Entscheidungsträger sein, wenn die Bürgerbeitigung selbst Beteiligungsgegenstand wäre. Wäre doch toll wenn der Bürger selbst Geld in die Zukunft der Bürgerkommune stecken könnnte. Und genau deswegen würden die Leute kommen. Sie kamen nicht, warum auch. Hundeklos aufstellen reicht halt manchem doch nicht aus. Wir waren 1990 schon einmal weiter. Es geht um das Gefühl etwas bewirken zu können. Doch kann das Verfahren das leisten?

Nach 30 Minuten Pause waren es noch 32 Anwesende von denen 19 ihre 5 Punkte auf die ausgehängten Vorschläge verteilt hatten. Am Ende werden alle Vorschläge aussortiert werden, die nicht genügend Stimmen erhalten haben. Übrig bleibt der Wille der Potsdamer Bürger, jedenfalls ist er das in den Augen der Stadtverwaltung.

Seine fünf Pünktchen hat der Autor übrigens in die Medienkompetenz der Jugendarbeit(er) investiert und am Ende zwei städtisch finanzierte Bananen gegessen.