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Offener Brief der Piratenpartei Brandenburg an den Innenminister des Landes Brandenburg

Der Landesverband Brandenburg der Piratenpartei fordert den brandenburgischen Innenminister, Herrn Dr. Woidke (SPD), in einem offenen Brief auf, dem kürzlich vom Bundestag beschlossenen Gesetz zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft im Bundesrat nicht zuzustimmen.

Sehr geehrter Herr Minister Dr. Woidke,

Am 21.3.2013 hat der Bundestag ein Gesetz zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft beschlossen. Die Endfassung wurde auch von Ihrer Partei, der SPD, mitgetragen.

Wir, die Piratenpartei Deutschland, halten dieses Gesetz für verfassungswidrig. Mit dieser Meinung stehen wir nicht alleine, viele namhafte Experten teilen unsere Einschätzung. Wir möchten Sie daher auffordern, das Gesetz im Bundesrat zu stoppen.

Die Kritikpunkte an diesem Gesetz sind schon vielfach vorgebracht worden und Ihnen ohne Zweifel bekannt. Wir möchten deshalb nur noch einmal auf die Kernpunkte hinweisen:

  • Ein Richtervorbehalt ist nur für die Herausgabe von Passwörtern, PIN und PUK vorgesehen. Das heißt, Strafverfolgungsbehörden erlangen ohne richterliche Kontrolle Zugang zu Namen, Adressen, Geburtsdaten, Telefon- und Kontonummern oder sogar zu Kalendern und elektronischen Adressbüchern.
  • IP-Adressen können bereits bei Verdacht auf Ordnungswidrigkeiten heraus verlangt werden.  Da IP-Adressen die Identifizierung von Teilnehmern im Internet erlauben, könnte so alles, was eine Person im Internet getan hat, nachvollzogen werden. Dies ist für einfache Ordnungswidrigkeiten völlig unverhältnismäßig.
  • Betroffene werden über den Eingriff in ihre Privatsphäre nicht informiert und haben daher auch keine Möglichkeit, sich im Nachhinein rechtlich zu wehren.
  • Geheimdienste können ohne jede richterliche Kontrolle auf Bestandsdaten zugreifen. Sie unterliegen lediglich parlamentarischer Kontrolle, die sich zuletzt im NSU-Skandal als völlig unzureichend erwiesen hat. Auch ist zu erwarten, dass die Geheimdienste andere Behörden mit Daten versorgen werden und so die übrigen Richtervorbehalte umgehen können.
  • Für die Datenabfragen müssen Telekommunikationsanbieter elektronische Schnittstellen bereitstellen. Es ist zu erwarten, dass diese für die unkontrollierte Massenabfrage von Daten missbraucht werden. Mit der Aufgabe, die Rechtmäßigkeit der Anfragen selbst zu prüfen, dürften die Anbieter völlig überfordert sein.
  • Die Piratenpartei hat bereits angekündigt, gegen das Gesetz notfalls vor dem Bundesverfassungsgericht klagen zu wollen. Wir bitten Sie, Ihre Verantwortung gegenüber dem Bürger wahrzunehmen und dieses unwürdige Gesetz jetzt zu stoppen.
Mit freundlichen Grüßen,
Clara Jongen
Vorsitzende Piratenpartei Deutschland
Landesverband Brandenburg