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Landtag Brandenburg: Wer steckt hinter der terroristischen „Nationalen Bewegung“?

cc by André "Aka" Karwath

Anfang 2000 gab es in Potsdam und Umgebung eine ein Jahr andauernde Serie an rassistischen und antisemitischen Anschlägen und Propagandaaktionen unter der Firmierung „Nationale Bewegung“. Eine sich daran anschließende Durchsuchungsaktion zur Auffindung von Beweismaterial wurde durch einen V-Mann des Verfassungsschutzes „in der rechten Szene durchgestochen“. 1.]

Am 28.April 2017 tagte nun im vollbesetzten Saal des Landtages Brandenburg erneut der Untersuchungsausschuss zur „Organisierten rechtsextremen Gewalt und Behördenhandeln, vor allem zum Komplex Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)“. Der Untersuchungsausschuss soll umfassend aufklären, „ob ein Handeln oder Unterlassen der Brandenburger Sicherheits- und Justizbehörden einschließlich der V-Personen, der betroffenen staatlichen Stellen im Land Brandenburg die Bildung und die Taten der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ begünstigt und/oder die Aufklärung und Verfolgung der von dieser Terrorgruppe begangenen Straftaten erschwert haben.“ 2.] 3.]

Vernommen wurden die nachfolgenden Zeugen:
1. Prof. Dr. Erardo Rautenberg (Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg)
2. Irene Stari (Staatsanwaltschaft Potsdam)
und
3. Wolfgang Siegmund (Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof)

Prof. Dr. Erardo Rautenberg -der auch Wahlkreiskandidat für die SPD zur Bundestagswahl im Wahlkreis 60 ist- wiederholte seine Zweifel an der Existenz einer neonazistischen „Nationalen Bewegung“ Anfang 2000 in Brandenburg. Er kritisierte, dass der Landesverfassungsschutz seinerzeit Bekennerschreiben der „Nationalen Bewegung“ auf ihrer Webseite veröffentlicht habe.

Irritationen löste der Auftritt von Frau Staatsanwältin Stari aus. Stari war damals -vor Abgabe der Strafsache an den Bundesanwalt- bei der Staatsanwaltschaft Potsdam für die Ermittlung zuständig. Sie wiederholte nahezu monoton, dass sie sich an nichts mehr erinnern könne. Dies wurde im Ausschuss als nicht nachvollziehbar empfunden. Im Hinblick auf ihr merkwürdiges Aussageverhalten wurde sie von einem Ausschussmitglied sogar gefragt, ob „sie Angst vor einer Aussage habe“.

Die sich anschließende Zeugenvernehmung des Bundesanwaltes beim Bundesgerichtshof Siegmund war danach umso spannender. Der Zeuge Siegmund hatte -anders als Frau Stari- ein sehr gutes Erinnerungsvermögen. Er wies auf zahlreiche Auffälligkeiten bei den Ermittlungen hin.
– Nicht nachvollziehbar war für ihn, wie eine unbeschädigte Kassette mit Bekennerschreiben -augenscheinlich nachträglich- an einen Tatort (abgebrannter Imbiss) gelangen konnte.
– Ihm sei auch unklar, warum dem V-Mann von seiner Führungsperson die beabsichtigte Durchsuchungsaktion mitgeteilt worden sei.
– Der Verfassungsschutz selber habe trotz Aufforderung die Bekennerschreiben der „Nationalen Bewegung“ nicht von seiner Webseite genommen.
– Die nochmalige Vernehmung eines offensichtlich der rechten Szene zugehörigen Polizeibeamten habe dann sogar zu einer Strafanzeige des Polizisten sowie zu einer Beschwerde (aus dem Ministerium) gegen ihn geführt. Das Ausschussmitglied Frau Nonnemacher wies an dieser Stelle darauf hin, dass besagter Polizist mittlerweile Mitglied des Kreisvorstandes der AfD im Kreis Teltow-Fläming sei …

Fazit:
Wir PIRATEN begrüßen es, dass anscheinend endlich Licht in diese sehr dubiose Affäre kommt, auch wenn die Frage nach den Drahtziehern der terroristischen „Nationalen Bewegung“ und der Rolle des Verfassungsschutzes bislang noch nicht abschließend geklärt werden konnte. Bereits die bisherigen Ergebnisse der Aufarbeitung der Vergangenheit zeigen, wie richtig unsere Forderung nach einer Abschaffung des Landesamtes für den Verfassungsschutz bleibt. Die nächste Sitzung des Untersuchungsausschusses ist für den 02.Juni 2017 angesetzt. Es bleibt abzuwarten, ob dem Untersuchungsausschuss dann eine weitere Aufklärung in diesem „Politkrimi“ gelingt.

Quellen:
1.] https://brandenburg.nsu-watch.info/dossier-nationale-bewegung/
2.]
3.]