Piratenpartei

Wahlcomputer: Beschwerde in Bernau dauert an

Die “Märkische Oderzeitung” berichtete Ende 2008  von der Beschwerde gegen die Kreistags-und SVV-Wahl in Bernau. Die Beschwerde ist immer noch aktuell und die Prüfung dauert an.

Herr Goral jr. legte zum 30.Oktober 2008 bei der Wahlleiterin Einspruch gegen den Einsatz von Wahlautomaten ein.

Für ihn stellt die Benutzung der Automaten u.a. “einen verfassungswidrigen Eingriff in die Grundrechte der Wähler dar.” Weiterhin wird ein Verstoß gegen das Öffentlichkeitsprinzip kritisiert, – etwas  das auch die Piratenpartei deutlich bemängelte.

Einer der Kritikpunkte ist, dass in einigen Bernauer Wahllokalen der Aushang vom Stimmzettel und die Belegung der Tastatur auf dem Wahlgerät nicht identisch war. Für die Beschwerde werden aktuell weitere Hinweise und Fotos gesucht. Es sei darauf hingewiesen das nur noch neue Argumente in der Wahlprüfung zugelassen werden. Kontakt.

Einen Überblick der Wahlbeobachtung in Bernau findet man hier. Der Chaos Computer Club hatte zudem ein umfangreiches Dossier über den Ablauf der Wahl mit Wahlautomaten in Brandenburg angefertigt. Anbei das Fazit:

CCC – Fazit zur Computerwahl / Kommunalwahl 2008

Quelle: CCC – Bericht (Achtung 17 MB)

Die Nedap-Wahlcomputer können nicht nur unter Sicherheitsgesichtspunkten, sondern auch hinsichtlich ihrer Benutzungseigenschaften nicht als brauchbare Alternative zur Wahl mit Papier und Stift angesehen werden. Ein Großteil der Wähler hatte große Schwierigkeiten mit der Bedienung.

„Man kann den Fortschritt nicht aufhalten“, ist zwar ein häufig vorgebrachtes Argument der Wahlhelfer, doch letztlich ist der einzige Vorteil, den alle übereinstimmend vorbringen, die Schnelligkeit des Auszählens.

Ein Wahlvorsteher erklärt sogar, daß er nicht mehr zur Verfügung stünde, wenn er wieder per Hand zählen müßte. Wer jedoch den demokratischen Wahlprozeß auf die Effizienz der Zählung reduziert, ist als Wahlleiter oder Wahlhelfer ungeeignet.

Daß eine Manipulation nach den Beobachtungen in Brandenburg weiterhin – insbesondere durch einen Innentäter – einfach zu realisieren und die „geschützten Umgebungen“ eine bloße Chimäre sind, hat sich erneut gezeigt. Daß aber die Wahlcomputer eine Risikotechnologie darstellen, können sich viele der Wahlhelfer auch mangels technischer Kenntnisse nicht einmal vorstellen.

Obwohl etwa das „Sicherheitskonzept für elektronische Wahlgeräte zur Kommunalwahl 2008“ in Bernau vorschreibt, daß die Computer „an einem sicheren Ort aufbewahrt“ werden und dieser Ort „nur für einen festgelegten Personenkreis unter speziellen vertraglichen Bedingungen zugänglich“ („Zutrittskontrollblatt“) sein soll, wurden die Rechner andernorts zuweilen behandelt wie Gartengeräte: Irgendein Raum zur Lagerung findet sich schon. Da es keine klaren gesetzlichen Regelungen zur sicheren Lagerung gibt, drohen jedoch kaum Sanktionen.

Auch das Konzept der korrekten Verwendung von Siegeln und Plomben hat sich noch immer nicht bis in die Gemeinden rumgesprochen. Genaue Sicht- oder gar Echtheitsprüfungen der Plomben und Siegel – wenn vorhanden – finden nicht statt. Zwar fordert das „Sicherheitskonzept“ etwa, daß das Stimmenmodul nach der Wahl „in einen Briefumschlag gelegt“ und danach „versiegelt und unterschrieben wird“. Praktisch wird im Wahllokal jedoch oft nur ein unbedruckter weißer Aufkleber verwendet, der unterschrieben wird.

Das unberechtigte Vertrauen der Mehrheit der Wahlhelfer in die Wahlcomputer hat organisatorische Fehler zur Folge, die zusammen mit der Verunsicherung besonders älterer Wähler bei dieser Wahl zu Störungen des geordneten Wahlablaufes führten. Die Tatsache, daß in den meisten Wahllokalen lediglich ein Wahlcomputer bereitstand, trug zusätzlich dazu bei, daß lange Wartezeiten entstanden.

Die Anzahl der Wahlhelfer blieb gegenüber Papierwahlen gleich, jedoch muß ein Verlust an Kompetenz konstatiert werden. In vielen Wahllokalen wurden Unstimmigkeiten beobachtet, wo im Protokoll oder der Wahlniederschrift welche Zahl aus dem Computerausdruck einzutragen ist. Da die faktische Zählung der Stimmen entfällt, mangelt es den Wahlhelfern am grundlegenden interpretierenden Verständnis der ausgedruckten Zahlen.

Anmerkung: Wir möchten als Piratenpartei LV Brandenburg noch eines hinzufügen. Wir erkennen durchaus Vorteile von Computerwahlen und sehen die Kritik hauptsächlich in der Bauart und im schludrigen Sicherheitskonzept. Das reicht nicht um praktikable Sicherheit und Anwendbarkeit zu gewährleisten, das zeigte  sich z.B. deutlich an der Nervosität der Wahlvorstände im Umgang mit den Geräten. Es fehlen zudem einige klare Richtlinien, wie  Ausgabe, Lagerung, Plombierung.

Und es gibt ein zweiten sehr wichtigen Punkt, – diese Geräte verletzen ziemlich eindeutig das Öffentlichkeitsprinzip von Wahlen. Kaum ein Wähler und Wahlvorstand ist sich dessen bewußt. Es ist für den Wähler nicht prüfbar wie seine einzelne Stimme gewertet wurde! Wenn ein Gerät manipuliert wurde, wird man es nicht feststellen. Und das ist demokratisch fahrlässig. Wahlen sind das Hauptinstrument der Bürger und diese sollten ernst nehmen was die Techniker des CCC erklären. Wir hoffen deshalb auf Mithilfe in Bernau und eine anschließend offene politische Diskussion über  das wie von Computerwahlen in der Zukunft.

Unser Vorschlag: der Entzug der Wahlzulassung der bekannten Nedapgeräte, die Überprüfung der Sicherheitskette, eine neue klare und verständliche Normierung des Aufbau-, Prüfungs- und Zählungsprozesses, der parallel sichtbare Stimmzetteldruck für den Wähler sowie eine neue Grundlage zur Zulassung von Wahlgeräten. Zum Beispiel ist die Software nicht Gegenstand der  derzeitigen Zulassungsprüfung.

Wahljahr 2009: Wir weisen auf den noch ausstehenden Grundsatzentscheid des Bundesverfassungsgerichtes zu diesem Thema hin. Insofern sollten sich die brandenburgischen Kommunen gut überlegen ob sie die Nedapgeräte  für das Superwahljahr 2009 anschaffen bzw. mieten wollen, den Bauchschmerzen machten die Richter bereits deutlich.

  1. Quelle: CCC – Bericht (Achtung 17 MB)

    Das ist ja ein großes Bericht! wow!

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